Rodeo

Herr Gauenpfenning konnte leider nicht. Die anderen sind da. Sie hängen an der Musikschulvortragssaalwand - geschichtsträchtig und Ehrfurcht einflößend. Igor, Hans-Werner, Carl (der mit den Carmina), John (der mit dem Käfig) und … Kevin. Kevin Tarte. Er greift sich ins schwarze Kurzhaar und zeigt dabei viel Siegelring. Die langen Zähne hat er herausgenommen. Kevin saugt an entscheidender Stelle im Tanz der Vampire. Wo Kevin ist, singt die Blautsauger-Innung. Motto: Willst du Blut, singe gut.

Jetzt sitzt er da. Sein Hemd steht einladend weit offen.  (Nur kurz für die Presse: Herr Gauenpfennig konnte leider nicht kommen. Bitte zur Kenntnis nehmen, damit bei der Bildunterschrift später keine Verwechslungen auftauchen.) [Wer ist Herr Gauenpfennig?] Kevin jedenfalls ist der in Weiß mit der braunen Spachtelmasse und den nicht vorhandenen Falten. Kevin (51), Hobbies: Tanzensingenbraunsein. Keiner glaubt’s. (Die Hobbies schon. Das Alter nicht.) Die Damen vom Reiterverein Lohengrin sind euphorisiert. Ein Schelm, wem Böses schwant.

Kevin sieht aus wie 26. Höchstens. So viel Mann und so charmant. Das sagen sie ihm immer wieder. Mjusickel hält jung. Kevin und die Weisheit: Itt’s iser sink or swimm. Schwimmen oder Ertrinken – so einfach ist das Leben. Da können die Komponisten an der Wand nicht mithalten. Stravinsky mit der Trichterhand am linken Ohr – was ist das gegen Kevins Griff ins Haar. Vielleicht zunächst das Posieren, damit die Fotografen weiter können – zum nächsten Termin. Kevin arrangiert sich und die Damen. Und dann war da noch der Dirigent. Kevin kennt sich aus. Ganz der Profi. Das weiße Hemd tailliert und … das hatten wir schon. Zusätzliches Detail: Die Kevinbrust: rasiert. Da sieht man nicht, wo der Mann ergraut.

Nun aber das Eigentliche. Kevin kommt und singt. In der Reithalle. Bisher gab’s da nur Disco. Jetzt soll die Kultur kommen. Die Kultur heißt Kevin. Swingin’ Rodeo. Gut, dass wir mal drüber gesprochen haben. Gestern hat er noch auf der Mainau gesungen. Graf Bernadotte. Kevin, der gut Gebräunte. Aus Seattle. (Früh setzte eine rege musikalische Tätigkeit ein.) Angefangen mit der Klassik, herabgestiegen zum Magister, dann wieder auferstanden. Er sitzet zur rechten Zeit im Musical. Nebenbei: Swing. Sinatra und anderes. Bublé vor allem. Er ist ein Fan.

Wenn du vor einem Orchester stehst, dann kommt es von hinten wie ein Föhn. Wahrscheinlich ist Kevin richtig nett. Er engagiert sich. Wahrscheinlich kann er richtig gut singen. Das alles tut jetzt nichts zur Sache. Jetzt muss eine Reithalle gefüllt werden. 400 Leute sollen es schon werden. Die Reitermädels – hin und weg: Da musst du nicht wegschauen. (Also eher hin als weg.) Haltstop - ging es nicht ums Hören? Später vielleicht. Jetzt ist Promo angesagt. Promouschen. Am Ende aber gibt’s keinen Dockter. Oder etwa doch? Den Dockter Swing vielleicht. Der Dirigent ist sehr begeistert von Kevin. Mit wem hat man nicht schon alles zusammen musiziert. Gitte. Greetje. Und jetzt Kevin. Steigerung ist kaum mehr möglich.

Strawinsky blickt schelmisch. Vielleicht hätte Hans-Werner seine Freude am jung gebliebenen Kevin. Kevin kann alles: Blutsaugen, Fechten, singen, tanzen, betören. Kevin ist räddi to rock se Haus. Er kommt ganz ohne Kostüm. Er kommt ganz in Weiß. Die langen Zähne braucht er nicht. Dass dieser Mann schon 51 ist – keiner mag es recht glauben.  Manche fragen ihn, ob er vielleicht wie Maikel Dschäcksen im Sauerstoffzelt schläft. Tut er nicht. Maikel ist der Schönheitsschlaf ja auch nicht recht bekommen. Der Mann sieht ramponiert aus. Kevin nicht. Wir dürfen gespannt sein.  Ach ja – das Konzert: Be-ne-fizz. Alles für die gute Sache. Nach Abzug der Kosten, versteht sich. Gut – von irgendwas muss Kevin die die Antiäidschingkrähm bezahlen. Wer weiß, was die Spachtelmasse so kostet. Herr Gauenpfennig jedenfalls hat Nachholbedarf. ßie ju in Konnzärt. Woll, Kevin.